RuhrNachrichten, 01.04.2003

Das Akkordeon-Orchester Lünen 1951 begeisterte bei seinem Konzert am Sonntag im Hilpert-Theater. Künstlerischer Leiter Andreas Patschinsky (kl. Bild) hatte eine abwechslungsreiches Programm zusammengestellt.

Fotos: Günther Goldstein

Fast unglaubliche Vielfalt

Akkordeon-Orchester Lünen 1951, Frauenchor Stadtmitte und Solisten beeindruckten

LÜNEN • Wiener Operettenseligkeit, argentinische Melancholie oder temperamentvolle Sambaklänge - die ganze, fast unglaubliche Vielseitigkeit ihres Instruments boten am Samstag die Mitglieder des Akkordeon-Orchesters Lünen 1951 beim gut besuchten Konzert im Hilpert-Theater.
Das Motto "Wir machen Musik", nach dem gleichnamigen Schlager von Peter Igelhoff, erklang zwar erst am Ende, gemeinsam interpretiert mit dem Frauenchor Stadtmitte, doch das gut ausgewählte, abwechslungsreiche Programm machte dem Titelwahl von Anfang an alle Ehre. Dabei entführten die Beteiligten ihre Zuhörer in eine Welt der Gefühle - auf hohem musikalischen Niveau.
Andreas Patschinsky, der nicht nur das Akkordeon-Orchester dirigierte, sondern auch die künstlerische Gesamtleitung übernahm, setzte zu Beginn mit der Ouvertüre aus Johann Strauß' wohl erfolgreichster Operette "Die Fledermaus" entsprechende Akzente. Durch den speziellen Klang des Akkordeons kam die Walzerseligkeit ein bisschen mit französisch anmutendem Charme daher. Applaus sogar von den übrigen Orchestermitgliedern gab es anschließend für Solistin Kreske Jöns. Die junge Lünerin, früher Schülerin der Akkordeonklasse von Sabine Patschinsky und derzeit im 2. Semester an der Hochschule für Musik Köln, Abteilung Wuppertal, beeindruckte in Müllers dreisätzigem "Konzertino in d-moll". Das Allegro con brio mit einer Mischung aus Temperament und Schwermut, das wehmütige, sehnsuchtsvolle Andante und als Abschluss das Vivace wie ein Zusammenspiel aus den ersten beiden Sätzen mit Ausblick auf die Zukunft - sehr gelungen. Rhythmen und die dazugehörigen Tänze schafften es, dass sowohl das Zuhören, als auch das Zusehen Spaß machten.

Mitreißender Tango

Nicht nur der niederländischen Kronprinzessin Maxima standen bei ihrer Hochzeit Tränen in den Augen, als Astor Piazzollas "Adios Nonino" erklang. Das Akkordeon-Orchester hat dieses wunderschöne, tief melancholische und doch mitreißende Stück des bekannten argentinischen Komponisten am Sonntag

beeindruckend interpretiert - ein Höhepunkt des Konzerts. Ebenso wie im zweiten Teil das Medley "Brasilia", das nicht nur bei den Proben die Musiker mitriss, sondern auch am Sonntag die Zuhörer. Am liebsten hätte man Samba getanzt. Auf eine italienische Piazza, durch alte Gassen und in die Toskana lud das gut aufgelegte Orchester bei den "Italienischen Villanesken" und dem Ständchen "Frühling in der Toskana" ein. Und in die Fantasiewelt des wohl bekanntesten Kindermädchens der Welt ging es mit einem fröhlichen Medley aus dem Musical "Mary Poppins". Kompliment - da war alles einfach "supercalifragilisticexpialigorisch".
Das anspruchsvolle Genre der afroamerikanischen Musik war mit dem "12th Street Rag" vertreten, bevor die eindrucksvolle Ballade "A sentimental Reflection" verzauberte. Hier begleitete Katharina Kobsa, die auch Marimbaphon und Becken bediente, das Orchester gekonnt am Schlagzeug, während bei "Brasilia" und "12th Street Rag" ihr Lehrer Ulli Gronemeyer für den richtigen Rhythmus sorgte. Beide hatten schon zuvor in diesem Konzert bei vielen Stücken gewohnt professionell die Percussion übernommen und das rhythmische i-Tüpfelchen gesetzt.
Der Frauenchor Stadtmitte unter der Leitung von Barbara Reher überreichte in seinen beiden Parts einen bunten Strauß von Melodien, bei denen man auch die Freude der Sängerinnen am Singen merkte. Dabei luden die Damen, einfühlsam begleitet von Nicole Schwenzfeier am Klavier, zu einer musikalischen Reise ein.

London und Italien

Vom Sonnenland Italia in Tschaikowskys "Cappriccio" über London mit den Musical-Melodien "Ich hätt' getanzt heut nacht" (My fair Lady) und "Memory" (Cats) bis nach Lateinamerika mit "Schuld war nur der Bossa Nova" reichte der erste Teil. Nach der Pause ging es über den großen Teich mit "Down by the riverside", einem Medley amerikanischer Folksongs aus der Pionierzeit und "Glory, Glory Hallelujah", in dem der Wunsch nach Frieden auf Erden erklang.
Kein Wunder, dass das begeistert applaudierende Publikum beide Ensembles nicht ohne eine Zugabe ("Memory") von der Bühne ließ. • Beate Sikora

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