Westfälische Rundschau, 15.02.2011

Virtuoses Konzert des Akkordeonorchesters im Hilpert-Theater mit Märchen, Montmartre, Insekten und Schreibmaschinen

Hummeln und Typen in den Tasten

Von der Morgenstimmung aus der Peer Gynt-Suite bis zum kräftigen Schluck Tequila: Das Akkordeonorchester Lünen bot beim Konzert zum 60-jährigen Bestehen große musikalische Vielfalt.

Fotos: Diethelm Textoris

Diethelm Textoris - Lünen. "60 Jahre, je nach Weise, einmal laut und einmal leise". So könnte man das Geburtstagskonzert des Akkordeonorchesters Lünen in Abwandlung des Geburtstagliedes von Curd Jürgens charakterisieren. Aber eine den Musikstücken angepasste Lautstärke war längst nicht alles, was Leiter Andreas Patschinsky und seine Solisten dem Publikum im gut besetzten Heinz-Hilpert-Theater am Samstagnachmittag boten.

Musikalische Vielfalt stand auf dem Programm, das die Veranstalter nicht umsonst "Highlights" genannt hatten. Schon die Einstimmung bot den Zuhörern etwas für Auge und Ohr. Während das Orchester im spärlichen Licht der Notenblätterbeleuchtung die Morgenstimmung aus der "Peer Gynt-Suite" spielte, wurden im Bühnenhintergrund die Schönheiten des Nordens gezeigt: grüne Auen, schneebedeckte Berge, enge Fjorde.

Weiter ging es mit sentimentalen Momenten, die in der "Sinfonia alla Barocco" von Ted Huggens ihren Ausdruck fanden. Die nächsten drei Stücke wurden vom Lüner Quintett "Con Fuoco" dargeboten, das sich, wie Moderator Thomas Körner betonte, "aus besonders begabten Solisten des Akkordeon-Orchesters gebildet hat, und sich auch schon bei internationalen Wettbewerben gut platzieren konnte." Virtuos präsentierten sie den "Hummelflug" von Rimski-Korsakow, bei dem die Zuschauer mit etwas Phantasie das Insekt über ihren Köpfen kreisen hören konnten. Beim Musette-Walzer "Indifférence" brauchte man nur die Augen zu schließen, um die Seine, Notre-Dame und die schillernde (Halb)welt vom Montmartre vor sich zu sehen. Humorvoll ging es beim "Typewriter" zu, bei dem die Schreibmaschine als Musik-Instrument eingesetzt wurde.

»Vom Märchenland im Orient über die West Side Story bis Zirkus-Renz-Marsch«

Dann lud das Akkordeonorchester die Zuschauer zu einen Besuch "Auf einem persischen Markt" ein, in die Welt der Gaukler und Schlangenbeschwörer, der Kameltreiber, Prinzessinnen und Kalifen. Leider gibt es dieses "Märchenland im Orient" nur noch in der Musik. In die New Yorker Bronx ging es dann mit der "West Side Story" von Leonard Berstein.

Der musikalische Nachwuchs präsentierte sich mit dem Akkordeon-Ensemble der Musikschule unter der Leitung von Sabine Patschinsky zeitgemäß mit "Techno-Time" und dem Eurovisions-Sieger "Satellite". Beim guten alten "Tequila" artikulierten sich die jungen Leute eher zaghaft.

Als weitere Nachwuchssolisten brillierten die elfjährige Kristine Patschinsky und der zwölfjährige Julius Schepansky am Violoncello, Keyboard und Akkordeon.

Die Musikerinnen und Musiker griffen kräftig in die Tasten und ließen sich bei einigen Stücken vom Publikum tatkräftig unterstützen.

Der weitere Programmbogen des Akkordeonorchesters spannte sich vom "Jumpin' at the woodside" zu "I will survive", wobei Dirigent Andreas Patschinsky nicht nur beim "Zirkus-Renz-Marsch" die Zügel fest in der Hand hatte.

Zwischen den einzelnen Musikstücken blickte Thomas Körner immer wieder auf die 60-jährige Vereinsgeschichte zurück. Besonders erfreut war er, dass er Gründer Heinz Gössing als einziges noch lebendes Mitglied des damaligen "Hohner-Akkordeon-Orchesters Lünen" als Ehrengast begrüßen konnte. Dass Körner auch ein ausgezeichneter Sänger ist, bewies er mit dem Udo-Jürgens-Titel "Schenk mir noch eine Stunde". Tatkräftig unterstützt wurde er dabei vom Publikum, das den "La-la-la-Part" übernahm. Da die Zuschauer auch nach dem "Final Countdown" noch nicht gehen wollten, wurde ihnen vom Gesamtorchester nochmals ein - diesmal wesentlich kräftigerer - Schluck "Tequila" serviert.

ONLINE Weitere Fotos unter www.derwesten.de/luenen
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